Dienstag, 11. Oktober 2011

Hindu-Feierlichkeiten und das rote Fort


Namaste!

Inzwischen bin ich über eine Woche hier, es fühlt sich aber irgendwie schon so an, als sei ich bereits viel länger hier. Irgendwie seltsam.

Oktober ist hier in Indien „Festival-Zeit“, die ganzen großen Feste der – mir immer noch rätselhaften Hindu-Untergruppierungen – finden gerade alle statt. Das begann am Dienstag mit Durga Puja, bei der die bekannte, 10-armige Göttin names Durga und ihre Söhne verehrt werden. Diese Göttin ist als so eine Art Best-of von den anderen Göttern zusammengeschraubt worden mit dem Ziel einen fiesen Dämon ins Jenseits zu befördern. Da kommen einem 10 Arme mit jeweils einer anderen todbringenden Waffe gerade recht. Zur Erinnerung an dieses sicherlich spektakuläre Gemetzel werden dann heute in der ganzen Stadt unzählige Altäre und Festzelte gebaut und ein tagelanges Rahmenprogramm mit Spiel und Tanz abgehalten. Dabei versucht jede „Gemeinde“ mit ihrem Programm und ihrem Festzelt die anderen Gemeinden so weit wie möglich an Pomp und Kitschigkeit zu übertreffen. Per SMS kann dann der entrückte Gläubige abstimmen, welche Location ihm letztendlich am besten gefallen hat.
 In einem Festzelt, in dem ich Mittags bin, werde ich umfassend verköstigt und darf mich über kleine Inderkinder in niedlichen Anzügen amüsieren. Dazu gibt es noch lustige Gesellschaftsspiele, wie man sie sonst von Kindergeburtstagen kennt (Eierlauf etc.) bei der als Hauptpreis eine Flugreise nach Bankok ausgelobt wird.

Abends geht es dann mit einer größeren Gruppe in einen deutlich prachtvolleren Tempel, in dem meine Kollegen sich mit ihren Freunden treffen und viele Leute angeregt redend durcheinander wuseln, vor dem Altar lobpreisen, mit Blüten um sich werfen oder einfach nur die aufwendige Dekoration bewundern. Später tritt noch ein Popmusiker aus Kalkutta auf, und die aufgeregte Meute wird still und lässt sich zu Hunderten – im Schneidersitz – vor der Bühne nieder. Ich war ja noch nie so gut im „auf-dem-Boden-sitzen“, aber 2½  Stunden schneidersitzen tut dann schon ordentlich weh.  Das scheint dem Inder aber nicht so zu gehen. Das Konzert war gut, auch wenn ich natürlich nichts verstanden habe, auf jeden Fall aber ein amüsantes Erlebnis.

Zwei Tage später stand dann schon wieder das nächste Fest ins Haus, Dashahara, bei dem 3 riesige Pappmaschee Figuren von weitere bösen Dämonen unter großem Jubel verbrannt werden. Dazu gibt es erst einen Umzug, bei dem als mythologische Gestalten verkleidete Inder auf offenen Lastwagen zum Festplatz gefahren werden. Danach wird die Menge von Feuerwerk und Böllerschüssen unterhalten, bevor dann – pünktlich zu einem genau vorberechneten Zeitpunkt nach dem indischen Kalender (der allerdings bei jedem Spektakel ein bisschen anders ist, Rundungs-Ungenauigeiten, sicherlich) – die Strohballen unter den Figuren entzündet werden. Da die Figuren nicht nur aus Pappmaschee gefertigt -, sondern auch noch mit Böllern gefüllt sind, ist das Verbrennen ein lautstarkes Spektakel. Nachdem dann allerdings von den Figuren nur noch 3 Häufchen Asche übrig geblieben sind, drehen die vielen Tausend Teilnehmer praktisch auf dem Absatz um und gehen nach Hause. Ende des Abendprogramms…

Prozession auf Schrott-LKW zum Festplatz

Brennen sollen sie, die Drecks-Dämonen


Ansonsten habe ich in dieser Woche noch nach einem Supermarkt gesucht und habe – nach langer Zeit – auch einen gefunden. Irgendwie ist so etwas hier allerdings sehr unpopulär, es gibt zwar ein paar Ketten, aber nichts vergleichbar zu unseren. Auch die großen Ketten, Walmart, Carrefour und was es sonst noch so gibt, sind hier nicht vertreten. Die meisten Einkäufe werden von Indern nach wie vor in kleinen Geschäften getätigt, in denen sich die Waren bis unter die Decke stapeln und ein kauziger Ladenbesitzer über sein Hab und Gut wacht und einem auf Anfrage die Preise der einzelnen Waren mitteilt. Eigentlich seltsam, ich hätte gedacht, dass sich eine so praktische Erfindung wie ein Supermarkt mehr oder weniger weltweit durchsetzt, schon alleine aus ökonomischer Notwendigkeit. Wohl nicht …

Gestern habe ich noch das rote Fort besucht, ein UNESCO Weltkulturerbe in Delhi und sehr eindrucksvolles Bauwerk. Das beinhaltet all die Baustile, die man sich als „typisch Indisch“ vorstellt und ist ein wunderbarer Ort, um ein bisschen entspannt durch die Gegen zu schlendern und auf einer Bank in der Sonne zu dösen. Ursprünglich von den Moguln als Stärkebeweis und Regierungspalast in einem gebaut, wurde es später von den Briten zur Garnison umgebaut und mit Kasernengebäuden erweitert. Ein entspannter Ort, den auch viele indische Familien gerne besichtigen. Und während ich als Ausländer knapp 4 € eintritt zahlen muss, kommt man als Inder schon für 0,80 € rein. Ich fühle mich diskriminiert!
Leider schwebt hier auch immer über allen öffentlichen Gebäuden das Damoklesschwert eines Terroranschlages und über nationalen Heiligtümern wie dem roten Fort natürlich besonders. Daher sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch. Vor dem Eingangstor sind MG-Nester gebaut, man wird abgetastet und die Taschen werden durchsucht. Auch innerhalb des Gebäudes gibt es Sandsackbarrikaden und schwer bewaffnete Soldaten, die einen kritisch unter ihren Stahlhelmen mustern. Ähnlich sieht der Eintritt in die U-Bahn-Stationen aus, auch hier wird man durchleuchtet, abgetastet und durchsucht. Und überall auch hier wieder Sandsäcke und Soldaten.

DIE EIGENART DER WOCHE: Das Kopfschaukeln
Ja, das ist eine seltsame Sache. Wenn man zuerst mit eine Inder redet, guckt der einen beim Erzählen an und wackelt dabei mit dem Kopf. Nicht als würde er den Kopf schütteln, eher so ein bedächtig hin- und herwiegen. Genau den Eindruck hat man als Europäer dann auch erstmal, es wirkt so, als würde der Gegenüber so ein „naja, ich weiß ja nicht so recht…“ ausdrücken wollen. Letztendlich bedeutet es aber nur soviel wie „aha, okay“. Wenn man sich erstmal dran gewöhnt hat, ist das ganz lustig. Mal sehen, wie lange es braucht, bis ich das dann auch mache.
Das rote Fort von außen...

...der Vorbau...
...und das Eingangstor.   

Hierhin strömten früher die einfachen Inder, um dem Moghul ihre Probleme vorzutragen. Strömen tun sie immer noch, nur heute ohne Moghul.

Prächtig wohnt es sich so, als Moghul.

Straßenszene vor einem Markt

Shopping-Gasse!

Der Mahatma darf natürlich nicht fehlen (hier im Park)



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